Wieviel Chemie steckt in Naturkosmetik?

Wir möchten unserem Körper Gutes tun und entscheiden uns für naturkosmetische Produkte. Und entdecken plötzlich auf dem Etikett Benzylalkohol und andere Inhaltsstoffe mit verdächtigen chemischen Formeln. Ist das Natur-Versprechen nur eine große Täuschung? Hautbalance Naturkosmetik geht im neuen Thema des Monats mit fundierten Informationen der Chemie in naturkosmetischen Produkten auf den Grund.

Dürfen Benzylalkohol oder Benzylbenzoate in einer Kosmetik enthalten sein, die als Naturkosmetik verkauft wird? Wie natürlich ist eine Haarfarbe, die Tolune-2,5- Diamine-Sulfate enthält und Permanent-Natural Colors heißt?

 

Wieviel Chemie steckt in Naturkosmetik?

Auf diese Frage gibt es eine einfache und eine komplizierte Antwort.

Die einfache Antwort lautet: ja, in Naturkosmetik ist Chemie drin. Tiroler Bergquellwasser ist reines H2O. Das teure Himalayasalz mit seinen vielen Spurenelementen besteht wie jedes Salz vor allem aus der chemischen Verbindung Natriumchlorid. Denn jeder Stoff hat eine chemische Formel, ob es sich nun um Kleidung, Lebensmittel, Naturkosmetik oder konventionelle Kosmetik handelt.

Für die komplizierte Antwort müssen wir klären, was Naturkosmetik von konventioneller Kosmetik unterscheidet. Und wir müssen uns vor Augen halten, dass der Mensch seit Urzeiten natürliche Stoffe auf chemischem Weg verändert. Denn irgendwann entdeckten wir, dass ein Stück Fleisch, in ein Feuer gehalten, den leckeren Bratenduft und die schöne braune Kruste erhält. Eine chemische Reaktion zwischen Aminosäuren und Zucker, die der französische Chemiker Louis Camille Maillard 1912 naturwissenschaftlich erklärte und die deshalb seinen Namen trägt: Maillard-Reaktion.

Bleiben wir beim vorzeitlichen Braten über dem Feuer: jedes Mal, wenn tropfendes Fett in die heiße Asche fiel, bildete sich ein chemisches Produkt: die Seife. Seit mindestens 4.500 Jahren wird dieser Stoff vom Menschen bewusst genutzt und hergestellt. Im 7. Jahrhundert gelang es arabischen Seifensiedern durch eine veränderte chemische Reaktion sogar, feste Seife herzustellen.

Die gesamte Menschheitsgeschichte ist gekennzeichnet durch die bewusste chemische Veränderung von Naturstoffen. Sie begegnet uns am Feuer der Steinzeit, im Braukessel, beim Gerben von Häuten, bei der Keramik-Herstellung, im Backofen und im Schminktiegel – in einer Zeit, als jede Kosmetik noch Naturkosmetik war.

Dann brach die Zeit der Industrialisierung und später des Automobils an. In der chemischen Industrie konnten plötzlich in großem Stil Naturstoffe synthetisch nachgebildet werden. Man entdeckte, dass sich vor allem aus Erdöl billige Grundstoffe für Kosmetika entwickeln lassen.

Zum Beispiel das Erdölderivat Paraffinum Liquidum, ein Grundbestandteil von Körpermilch und Körperöl in der konventionellen Kosmetik: einmal aufgetragen sorgt es dafür, dass sich die Haut sofort seidig-weich anfühlt. Denn Paraffin zieht wie ein geschmeidiger Film darüber. Es lässt die Hornschicht leicht aufquellen und bringt so die Falten zum Verschwinden. Dieser Stoff war so verführerisch, dass er selbst von etablierten Kosmetikfirmen, die vor der Massenproduktion von Paraffin zwangsläufig mit Naturstoffen arbeiten mussten, gerne übernommen wurde. Denn Paraffin kann so viel billiger hergestellt werden als natürliches Pflanzenöl.

Doch leider lässt Paraffin die Haut nicht atmen, blockiert ihre natürlichen Funktionen und trocknet sie bei fortlaufendem Gebrauch aus, so dass die Falten letztendlich immer tiefer werden. Was dazu führte, dass Ökotest vor konventioneller Kosmetik mit mehr als 10 % Paraffinanteil mit „nicht empfehlenswert“ warnt.

Immer neue kosmetische Produkte wurden von der chemischen Industrie auf den Markt gebracht. Während die Natur selbst nur etwa 200 verschiedene Duftstoffe kennt, entwickelten die Chemiker bislang etwa 2.500 künstliche Düfte und über 6.000 verschiedene kosmetische Substanzen. Stoffe von zuvor unbekannter Reinheit, die sich genau dosieren lassen: ein synthetisch hergestelltes Parfum wird immer denselben Duft haben, während der Duft eines Natur-Parfums von Jahrgang zu Jahrgang schwanken kann. Da die petrochemischen Produkte für Bakterien und Pilze schwer verdaulich sind, ist konventionelle Kosmetik fast unbegrenzt haltbar. Mit Emulgatoren bleiben die Produkte stabil und schön cremig.

Doch die synthetisch hergestellten, extrem reinen chemischen Inhaltsstoffe in der konventionellen Kosmetik haben ihren Preis: unser Körper hatte keine Zeit, sich auf diese Stoffe einzustellen. Unsere Haut konnte noch keine Abwehrstrategie entwickeln: die Substanzen durchdringen ihren Schutzmantel und lagern sich im Gewebe ein. Sie bleiben dort, da sie vom Körper nicht oder nur schwer abgebaut werden können. Erst nach und nach werden Allergien gegen chemisch hergestellte Duftstoffe sichtbar. Viele der künstlich hergestellten Substanzen in Kosmetika stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Nur wenige sind deswegen schon verboten worden.

Was ist das Besondere an der Chemie in Naturkosmetik?

Naturkosmetik verwendet alle pflanzlichen Rohstoffe so, wie sie im natürlichen Umfeld entstehen. Dass heißt: immer im Verbund mit vielen verschiedenen Komponenten. Viele natürliche Duft-Stoffe und ätherische Öle können deshalb in unserem Körper ihre wohltuende Wirkung entfalten. Selbst bei Menschen, die auf dieselben Substanzen in isolierter Form allergisch reagieren.

Das Naturkosmetik-Siegel NaTrue unterscheidet zwischen Naturstoffen und naturnahen Rohstoffen in Produkten, die das Zertifikat Naturkosmetik tragen. Naturstoffe sind zum Beispiel natürliche Rohstoffe wie Pflanzen-Öl und wässrig-alkoholische Pflanzenextrakte.

Beim zu Beginn erwähnten Benzylalkohol in naturkosmetischen Produkten handelt es sich um einen natürlichen Bestandteil ätherischer Öle wie Jasmin oder Ylang. Also ein erstklassiger Naturstoff – wenn auch unter chemischem Decknamen…

Die eingangs erwähnten Tolune-2,5-Diamine-Sulfate im Haarfärbemittel Permanent-Natural Colors dagegen sollten Sie meiden. Es ist eine chemische Verbindung, die nichts mit natürlichem Vorkommen zu tun hat. Die Substanz gehört zu den aromatischen Aminen, die im Verdacht stehen, Krebs auszulösen. Viele davon sind in der Textilfärberei bereits verboten worden.

Naturnahe und naturidentische Stoffe in der Naturkosmetik

Naturnahe Stoffe, zum Beispiel Emulgatoren, sind in Naturkosmetika nur dann zulässig, wenn ihre Funktion nicht ohne weiteres von einem Naturstoff übernommen werden kann und bei ihrer Herstellung nur solche Prozesse zum Einsatz kommen, wie sie auch in der Natur stattfinden. Außerdem muss die Zahl der chemischen Umwandlungsschritte so gering wie möglich sein.

Naturidentische Stoffe dürfen in der Naturkosmetik nur dann eingesetzt werden, wenn die Gewinnung dieser Stoffe direkt aus der Natur mit vernünftigem Aufwand technisch nicht realisierbar ist. Die zulässigen naturidentischen Inhaltsstoffe werden von NaTrue und  Ökotest in einer Positivliste aufgeführt. Erdöl ist als Rohstoff für die Herstellung von naturnahen und naturidentischen Naturkosmetik-Inhaltsstoffen hundertprozentig ausgeschlossen!

Generell ist die Forderung der Naturkosmetik, einen möglichst hohen Anteil chemisch unveränderter Naturstoffe zu verwenden – vorzugsweise in Bioqualität.

Eine gute Orientierung im Dschungel der zulässigen und nicht-zulässigen Inhaltsstoffe in Kosmetika bieten die Naturkosmetik-Siegel. Bei zertifizierter Naturkosmetik ist garantiert, dass echte Naturkosmetik drin ist, wo Naturkosmetik draufsteht. Und Bio ist dann wirklich Bio.

Wieviel Chemie steckt in Naturkosmetik: bitte kontaktieren Sie uns bei Fragen!

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